Die Forschung zum menschlichen Gehirn hat in den letzten Jahrzehnten enorme Fortschritte gemacht. Wissenschaftler können jetzt sogenannte „Brain Maps“ erstellen – detaillierte Karten, die die Struktur und Funktion des Gehirns auf beeindruckende Weise abbilden.
Was sind Brainmaps?
Um besser zu verstehen, was Brain Maps eigentlich sind, können wir sie mit verschiedenen Arten von geografischen Karten vergleichen.
Anatomische Karten: Die Struktur des Gehirns
Sie sind ähnlich aufgebaut wie geografische Karten. Sie zeigen Berge, Täler und Flüsse – die physischen Merkmale der Landschaft. Ähnlich wie eine topografische Karte zeigt eine strukturelle Brain Map die „Landschaft“ des Gehirns: die Gyri (Windungen), Sulci (Furchen) und verschiedene Bereiche wie den Frontal- oder Temporallappen.
So wie eine Karte uns zeigt, wo Berge und Flüsse sind, zeigt diese Brain Map, wie dein Gehirn aufgebaut ist.
Funktionale Karten: Bestimmte Funktionen
Wir haben auch Karten für spezifische Gehirnfunktionen wie zum Beispiel die Motorik oder Sprache. Diese sind vergleichbar mit geografische Karten, welche gezielt die Bevölkerungsdichte oder Infrastruktur hervorheben.
Ähnlich wie eine Karte zeigt, wo die meisten Menschen in einer Stadt wohnen, können wir sehen, welche Region des Gehirns zum Beispiel für Sprache zuständig ist, aber auch Abweichungen z.B. nach einem Schlaganfall können hier sichtbar werden.

Verbindungskarten: Neuronale Verbindungen
Anhand von Straßenkarten können wir den schnellsten oder kürzesten Weg von A nach B finden. Eine funktionelle Brain Map zeigt die Verbindungen zwischen verschiedenen Gehirnregionen, ähnlich wie Straßen, die Signale wie Autos transportieren.
Diese Karte zeigt, wie Signale wie Gedanken oder Bewegungen in Ihrem Gehirn von einer Region zur nächsten transportiert werden.
Wozu sind Brainmaps sinnvoll?
Brain Maps sind nicht nur für die Wissenschaftler von Interesse, sondern haben auch weitreichende praktische Anwendungen. Sie ermöglichen es beispielsweise:
- Erkrankungen zu diagnostizieren: Ärzte können spezifische Veränderungen oder Schäden in den Gehirnstrukturen identifizieren, die auf Krankheiten wie Alzheimer, Epilepsie oder Multiple Sklerose hinweisen, und gezielte Behandlungen entwickeln.
- Präzise Operationen durchzuführen: In der Neurochirurgie helfen Brain Maps, Eingriffe genau zu planen und gesunde Gehirnareale zu schonen.
- Kognition und Verhalten besser zu verstehen: In der Forschung liefern sie wertvolle Einblicke in die Funktionsweise des menschlichen Geistes.

Veränderbarkeit von Brainmaps - Nutzen in der Therapie
Das Besondere an Brain Maps ist, dass sie nicht statisch sind, das bedeutet, dass sie sich verändern können. Das Gehirn ist ein dynamisches Organ, das sich an neue Erfahrungen, Lernen, Verletzungen oder Erkrankungen anpassen kann – ein Prozess, der als neuronale Plastizität bekannt ist. Hier sind einige Beispiele für die Veränderbarkeit oder auch Plastizität von Brain Maps:
- Lernen und Erfahrung: Wenn wir neue Fähigkeiten erlernen oder Informationen aufnehmen, bildet das Gehirn neue Verbindungen oder stärkt bestehende. So zeigen Musiker oft Veränderungen in den sensorischen und motorischen Gehirnregionen, die mit ihrem Instrument verbunden sind.
- Sensorische Über- oder Unterstimulation: Bei Blindheit oder Taubheit übernehmen andere Sinne die Verarbeitungskapazitäten ungenutzter Gehirnbereiche. So kann der visuelle Kortex, der Bereich für die Verarbeitung der Signale der Augen, bei blinden Menschen auditive (gehörte) oder taktile (gefühlte) Signale und Informationen verarbeiten.
- Verletzungen und Krankheiten: Nach Schlaganfällen oder Traumata kann das Gehirn Funktionen durch benachbarte Regionen oder alternative Pfade teilweise wiederherstellen.
- Training und Rehabilitation: Rehabilitationsprogramme fördern gezielt Veränderungen in Brain Maps, um Funktionen nach Verletzungen oder Erkrankungen wiederherzustellen.
- Neurofeedback und Verhaltenstherapie: Mit Neurofeedback können Menschen lernen, ihre Gehirnaktivität zu kontrollieren, während kognitive Verhaltenstherapie Denk- und Verhaltensmuster verändert, was die neuronalen Netzwerke neu organisiert.
- Neurogenese (Neubildung von Neuronen): Im Hippocampus entstehen auch im Erwachsenenalter neue Neuronen. Diese werden in bestehende Netzwerke integriert und beeinflussen die Struktur der Brain Maps.
- Drogen, Medikamente und Hirnstimulation: Substanzen wie Antidepressiva oder Techniken wie die transkranielle Magnetstimulation (TMS) können die neuronale Aktivität gezielt verändern und somit Brain Maps neu organisieren.
Brain Maps zeigen die faszinierende Anpassungsfähigkeit des Gehirns. Sie sind nicht nur ein Werkzeug, um die Funktion und Struktur des Gehirns besser zu verstehen, sondern bieten auch wertvolle Ansätze für die nachhaltige und effiziente Behandlung neurologischer und psychischer Erkrankungen.